Festlegung von Leistungszielen


für die Ableitung von Leistungsentgelten

nach §18 Abs. 5 Satz 2 TVöD Prozessbeschreibung


Einleitung

Der § 18 Abs. 5 Satz 2 TVöD definiert eine Zielvereinbarung zum Zweck der Gewährung von Leistungsentgelten als freiwillige Abrede zwischen Führungskraft und einzelnen Beschäftigten oder Beschäftigtengruppen über objektivierbare Leistungsziele und die Bedingungen ihrer Erfüllung. Damit eine tarifvertragskonforme Zuordnung einer bestimmten Leistung zu einem konkreten Leistungsentgelt erfolgen kann, sind 3 Entwicklungsschritte nötig und voneinander zu unterscheiden:

     A)   die Erarbeitung von Leistungszielen einschließlich Messgrößen
           und leistungsbezogenen Ausprägungsbereichen; beginnend mit
           den allgemeinen Verwaltungszielen als Leistungsziele der obersten
           Leitung,

     B)   die hiervon ausgehende, kaskadenartig über alle Führungsebenen
           zu steuernde Ableitung spezifischer Leistungsziele für jede Beschäf-
           tigtengruppe und jeden Beschäftigten,

     C)   die Entwicklung eines verwaltungseinheitlichen Zurechnungsalgorithmus,
           der ausgehend vom Umfang der erfüllten Leistungsziele eines Mit-
           arbeiters seinen Anteil am verfügbaren Gesamtbudget für Leistungs-
           entgelte ausweist.


Schema der Entwicklungsschritte:


In den folgenden Abschnitten wird das Vorgehen für den Entwicklungsschritt A) beschrieben. Für die Entwicklungsschritte B) und C) werden Teilschritte benannt und zur Umsetzung empfohlen.


A0. Abstimmung der Vorgehensweise


Vor Beginn der eigentlichen Zielfindungsarbeit empfiehlt es sich, dass alle Beteiligten Einigkeit über die erforderlichen Arbeitsschritte erzielen. Die Erfahrung zeigt, dass die nachstehende Schrittfolge für den Prozess vorteilhaft ist:

1. Benennung der Oberziele und Teilziele
2. Ableitung von Messgrößen / Indikatoren
3. Kennzeichnung leistungsintensiver Ausprägungen dieser Indikatoren


Es werden zwei Workshops angesetzt, wobei die Schritte 2 und 3 gemeinsam im zweiten Workshop bearbeitet werden sollen. Zur Vorbereitung des ersten Workshops verabreden die Teilnehmer, eigene Vorstellungen über die vordringlichen Entwicklungsziele der öffentlichen Verwaltung in den kommenden Jahren auszuarbeiten und zu strukturieren. Es sollen Antworten auf die Fragen gefunden werden: Wo wollen wir in 5 Jahren mit der öffentlichen Verwaltung stehen? Was müssen wir tun, um diese ehrgeizigen Ziele auch tatsächlich zu erreichen?

Empfehlung für Schritt B):
In den Vorgesprächen der nachfolgenden Führungsebenen sollte der Zielkatalog der jeweils übergeordneten Leitungsebene vorgestellt werden. Die Leiter der 1. Ebene kommunizieren die erarbeiteten allgemeinen Verwaltungsziele, die Leiter der 2. Ebene die Dezernatsziele usw. Zur Vorbereitung auf den ersten Zielfindungs-Workshop sind zwei Fragen besonders geeignet: Wie können die Ziele und Indikatoren der übergeordneten Ebene durch unseren Verantwortungsbereich untersetzt werden? Welche darüber hinaus gehenden, ergänzenden Ziele sollte unser Bereich verfolgen?


A1. Benennung der Oberziele und Teilziele

Die Oberziele sind die Wegweiser, die der Verwaltung und den Bereichen mittel- und langfristig die Richtung ihrer Entwicklung vorgeben. Sie sind idealerweise als Soll-Zustände formuliert, die die Richtung der zu leistenden Entwicklungsarbeit zum Ausdruck bringen. Sie sind offen für künftige Anpassungen.

Die oberste Leitung gibt sich im 1. Zielfindungs-Workshop Antworten auf diese Fragen: Wo wollen wir in 5 Jahren stehen? Was müssen wir tun, um dies zu erreichen? Die Antworten können zu Oberzielen zusammengefasst werden.

Diese Oberziele sind naturgemäß noch sehr abstrakt und können von den Teilnehmern spontan durch eine durchaus unterschiedliche Anzahl von Teilzielen untersetzt werden. Mitunter ist für einzelne Teilziele auch die Formulierung von Unterzielen sinnvoll, wenn hierdurch die unterschiedlichen Facetten eines Teilziels besser abgebildet werden können.

Beispiel Zielhierarchie Finanzpolitik:



Kriterien für Oberziele, Teilziele und Unterziele:

     ·   stellen Auswahl besonders wichtiger Ausschnitte eines
         Verantwortungsbereiches mit Zukunftsperspektive dar,

     ·   bedeuten keine repräsentativen Abbildungen der Alltagsanforderungen
         und stehen nicht in Konkurrenz zu den Stellenbeschreibungen,

     ·   sind mittels Messgrößen/Indikatoren objektivierbar und operationalisierbar.

Am Ende des 1. Zielfindungs-Workshops steht die Zielstruktur im Rohentwurf. In Vorbereitung auf den 2. Workshop korrigieren und ergänzen die Teilnehmer die entworfenen Ziele und entwickeln erste Überlegungen zu ihrer Messbarkeit.



A2. Ableitung von Messgrößen / Indikatoren

Den Auftakt des zweiten Zielfindungs-Workshops bilden die Korrektur- und Ergänzungsvorschläge der Teilnehmer zu den bislang formulierten Zielen, die dann von der Gruppe abschließend erörtert werden.

Kern des 2. Workshops ist es, für jedes Ziel Indikatoren zu formulieren, anhand derer die Zielerreichung für sich und für Dritte erkennbar werden kann. Die Teilnehmer stellen sich die Frage: Wie können und wollen wir die Zielerreichung messen? Welche Indikatoren zeigen uns an, ob wir auf dem richtigen Weg hin zu diesem Ziel sind?

Kriterien für Indikatoren:

     ·   können durch Mitarbeiter / Bereiche zumindest teilweise beeinflusst
         werden,

     ·   stehen in einem möglichst engen, direkten und nachvollziehbaren
         Zusammenhang mit den jeweiligen Zielen,

     ·   sollten pro Ziel in möglichst geringer Anzahl formuliert werden, um
         Prägnanz und Orientierung zu sichern,

     ·   sollten mit verhältnismäßig geringem Aufwand durch Messung oder
         Schätzung zu ermitteln sein,

     ·   ihre aktuellen Ist-Stände sollten mit relativ geringem Aufwand zu
         erfassen und zu dokumentieren sein.


Empfehlung: Gerade in der Startphase des Leistungsentgeltsystems empfiehlt es sich, die Ziele und Indikatoren untereinander mit gleichem Gewicht in die Leistungsentgeltbemessung einfließen zu lassen. Ansonsten wird das System schnell unübersichtlich – und gerade zu Beginn kommt es darauf an, die Stellschrauben für alle Mitarbeiter leicht verständlich auszugestalten.



A3. Kennzeichnung leistungsintensiver Ausprägungen dieser Indikatoren

Im letzten Schritt werden diejenigen Ausprägungsbereiche der Indikatoren bestimmt, die ein Leistungsentgelt begründen. Dies kann gemeinsam mit der Formulierung der Indikatoren selbst (A2.) geschehen.

Es empfiehlt sich, drei Leistungserfüllungsgrade festzulegen:

hohes Leistungsziel deutlich verfehlt

zwar hohes Leistungsziel verfehlt, aber durchschnittlich
    erwartbares Ergebnis erbracht (mit Gehalt abgegolten)

hohes Leistungsziel erreicht


Beispiel Leistungsziel 1:



Bewährt hat sich hierbei ein Vorgehen, das mit der Festlegung des mittleren Ausprägungsbereiches beginnt. Denn es fällt den Teilnehmern erfahrungsgemäß leicht, den üblichen, erwartbaren Ergebniskorridor, z.B. anhand aktueller Ergebnisse, einzugrenzen und hiervon dann einen anspruchsvolleren, aber noch realisierbaren Bereich mit Leistungszielcharakter abzuleiten. Nur dieser Leistungszielbereich ist zwar für die Frage der Leistungsentgelte relevant. Dennoch ist es didaktisch sinnvoll, den gesamten Ausprägungsbereich eines Indikators abzustufen und damit auch Entwicklungen auf dem Weg hin zum Leistungsziel abzubilden, obschon das ehrgeizige Ziel selbst (noch) nicht erreicht wurde.

Bei Teil- und Unterzielen, die auf ein Projekt in der Zukunft verweisen (z.B. Umstellung des kameralistischen auf doppisches Rechnungswesen) können die Indikatoren aus der Einhaltung von Etappen- bzw. Zeitplänen abgeleitet werden.

Empfehlung: Korrekturvorschläge zu den Zielen, Zuordnung der Indikatoren zu den Zielen und Kennzeichnung der Leistungsbereiche der Indikatoren werden am besten gemeinsam für jedes Ziel bearbeitet. Für den 2. Workshop sollte mehr Zeit eingeplant werden als für den 1. Workshop; ggf. 2. Workshop auf zwei Termine aufteilen.

Im Ergebnis des Entwicklungsschrittes A) sind alle 3 Elemente eines entgelt wirksamen „Leistungsziels“ bestimmt: das Ziel, seine messbaren Indikatoren und die jeweils leistungsintensiven Ausprägungsbereiche. Auf diese 3 Elemente sollten sich auch die Zielvereinbarungen entsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 TVöD beziehen.



Ausblick auf die Entwicklungsschritte B und C

B) Empfohlene Projektetappen für die Steuerung des Entwicklungsprozesses
der spezifischen Bereichs-/ Mitarbeiterziele

       Positionierung eines Lenkungsgremiums für den Gesamtprozess,
          z.B. der Betrieblichen Kommission Leistungsentgelte

       Kommunikation der allgemeinen Verwaltungsziele

       Übertragung des Vorgehens auf die nächstfolgende Ebene der Dezernate

       Abgleich der erarbeiteten Dezernatsziele auf Konsistenz mit den
          allgemeinen Verwaltungszielen, vorzugsweise durch das
          Lenkungsgremium

       Übertragung des Vorgehens auf die Ebene der Ämter, der Sachgebiete
          und schließlich Mitarbeiter; Ertüchtigung der jeweiligen Vorgesetzten
          zur Moderation der Zielfindungs-Workshops

       Abgleich der erarbeiteten Bereichs- und Mitarbeiterziele mit den jeweils
          übergeordneten Zielen durch den übergeordneten Vorgesetzten;
          Lenkungsgremium überwacht den Prozess

Überführung des Zielsystems in ein Reportingsystem

       Ermittlung des zu automatisierenden Datenerfassungs-
          und –Dokumentationsbedarfs; ggf. Reduktion von Indikatoren

       Verdrahtung aller Bereichs-/Mitarbeiterziele in einem Reportingsystem,
          möglichst automatisierter und monatlicher Abgleich erreichter Ist-Stände
          mit den definierten Leistungszielen

       Ausgabe von Reportings als Steuerungsinstrument für alle Ebenen
                 i. aggregiert für die Verwaltungsleitung und
                 ii. spezifisch für die Bereiche / Mitarbeiter


C) Klärungsbedarf bei der Entwicklung eines Zurechnungsalgorithmus
zwischen Leistung und Entgelt

       Bestimmung eines bestimmten Mindestanteils erfüllter Leistungsziele
          für die Anspruchsberechtigung auf Leistungsentgelt

       Ggf. Verrechnung deutlich verfehlter Leistungsziele mit erfüllten
          Leistungszielen

       Ggf. anteilige Gewährung von Leistungsentgelt in Abhängigkeit
          des Anteils erfüllter Leistungsziele

       Berücksichtigung erfüllter übergeordneter Gruppen-/ Bereichsziele
          bei der Bestimmung der Anspruchsberechtigung
                  i. für Amtsleiter z.B.
                     1/3 erfüllte Ziele seines Amtes
                     2/3 erfüllte Ziele seiner Sachgebietsleitungen
                  ii.für Mitarbeiter z.B.
                    1/3 erfüllte Ziele seines Sachgebietes
                    2/3 erfüllte eigene Ziele

       Aufteilung des verfügbaren Gesamtbudgets von Leistungsentgelten
          auf die Anspruchsberechtigten.

Empfehlung: Die formale Zuordnung von konkreter Leistung zu einem bestimmten Leistungsentgelt sollte aus Gründen der Gleichbehandlung aller Mitarbeiter verwaltungseinheitlich erfolgen. Die tätigkeitsbezogenen Unterschiede innerhalb und zwischen den Bereichen kommen bereits in der inhaltlichen Ausgestaltung der Leistungsziele zum Ausdruck.


Verfasser:
Diplom-Psychologe Heiko Sill
Intelligenz System Transfer Sanssouci